Der Markt der privaten Sicherheitswirtschaft im Wandel

Sicherheit ist in Deutschland ein Wachstumsmarkt mit Zuwachsraten von rund 80 Prozent, in den letzten 10 Jahren allein bei der Sicherheitsdienstleistung. Über 4 Mrd. Euro werden im Bereich der Dienstleistungen erbracht. Es gibt in Deutschland etwa 3.800 Sicherheitsunternehmen mit ca. 175.000 Beschäftigten.

Die Sicherheitsbranche befindet sich in einem hart umkämpften, teilweise schon ruinösen Wettbewerb – zum Vorteil des Kunden in Bezug auf die Kosten, aber auch zum Nachteil hinsichtlich Qualität und Gewährleistung der Leistungserbringung.

Klassische und bekannte Risiken der Auftragsvergabe, wie etwa der Verlust des Versicherungsschutzes, Reputationsverlust oder die Haftung im Sinne eines Organisationsverschuldens werden nicht oder nur begrenzt von den Einkaufsorganisationen und Sicherheitsverantwortlichen berücksichtigt.

Der Markt für Sicherheitstechnologien und Sicherheitsdienstleistungen wurde 2009 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie erfasst und in Deutschland mit ca. 20,3 Mrd. Euro beziffert.

IT-Sicherheit 4,75 Mrd. Euro
Systeme, Technologien und Dienstleistungen zum Schutz vor Brand, Gas, Rauch 1,61 Mrd. Euro
Systeme, Technologien und Dienstleistungen zum Schutz vor Diebstahl, Einbrüchen und Überfällen, inkl. Videosysteme 7,13 Mrd. Euro
Systeme, Technologien und Dienstleistungen zur Information und Kommunikation über Gefährdung bzw. im Gefährdungsfall 2,00 Mrd. Euro
Ausstattung für Tätige im Bereich der zivilen Sicherheit, z. B. Polizei, Sicherheitsdienste 2,33 Mrd. Euro
Ermittlung, Forensik 0,80 Mrd. Euro
Kontrollen und Gefahrstoff-/Elemente-Erkennung 0,83 Mrd. Euro
Identifikation, Authentifizierung, inkl. Biometrie und RFID 0,92 Mrd. Euro

Die von Sicherheitsdiensten wahrgenommenen Tätigkeiten sind äußerst heterogen. Auch wenn das Sicherheitsgewerbe vor allem im sogenannten Niedriglohnsektor tätig ist, gibt es auch eine ganze Reihe von Tätigkeiten mit deutlich höheren Löhnen, z.B. Objektsicherungsdienste an Kernkraftwerken, Fluggastkontrollen und Werkfeuerwehrdienste. Eine ausschließliche Betrachtung eines Mindestlohntarifes nach dem Entsendegesetz greift zur tarifpolitischen Gesamtbeurteilung zu kurz. In manchen Ländertarifverträgen sind bis zu 35 verschiedenen Lohngruppen abgeschlossen. Hinzu kommen je nach Bundesland eigene Tarifverträge, wobei grundsätzlich in der Lohnhöhe noch ein West- Ostgefälle festzustellen ist.

Die Kalkulation der Stundenverrechnungssätze der Sicherheitsunternehmen beruht grundsätzlich auf dem jeweiligen Tariflohn zzgl. der unternehmerischen Kosten, die darauf aufgeschlagen werden. In der Zwischenzeit hat sich im Sicherheitsmarkt ein Kalkulationsaufschlag von 70 Prozent auf den jeweiligen Tariflohn als unterste Kalkulationsgröße etabliert. Kalkulationen darunter lassen an einer ordentlichen Betriebsführung des Sicherheitsunternehmens Zweifel aufkommen.

Preise kalkulieren – Empfehlungen an den Auftraggeber
Wesentliches und ausschlaggebendes Kriterium beim Preisvergleich personeller Dienstleistungen bildet der kalkulatorisch berücksichtigte Lohn – technische oder materielle Kostenblöcke, wie Ausrüstung der Mitarbeiter, sind im Verhältnis dazu vernachlässigbar. Um einen effektiven Vergleich zu ermöglichen, empfiehlt es sich, entweder die jeweils gültige Lohngruppe des entsprechend gültigen Lohntarifvertrags vorzugeben oder aber die Aufgaben und Qualifikationen so zu beschreiben, dass dem Bieter eine tarifliche Eingruppierung eindeutig gelingen kann. Daher sind die Beschreibung der Tätigkeiten und das erwartete Qualitätsprofil von entscheidender Bedeutung und müssen detailliert ausgeführt werden.

Der Unternehmeraufschlag auf diesen Lohn variiert dann je nach Unternehmen und wird grundsätzlich zwischen direkten und indirekten Lohnkosten unterschieden. Die direkten Lohnkosten lassen sich nur gering vom Bieter beeinflussen (aufgrund feststehender gesetzlicher und sonstiger vorgeschriebener Abgaben im Bereich der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer) und liegen durchschnittlich zwischen 40 und 47 Prozent des produktiven Lohns, ohne tarifliche Zuschläge.

Große Unterschiede lassen sich in den indirekten Kosten, wie kalkulatorische Nebenkosten, Risiko und Gewinn der Unternehmen, erkennen – diese können derzeit zwischen 15 und 40 Prozent schwanken. Den Unternehmeraufschlag (immer auf den produktiven Lohn bezogen) variiert im Marktdurchschnitt aktuell zwischen ca. 60 und 85 Prozent.

Der Tipp für die praktische Ausschreibung und zur Vergleichbarkeit und Bewertung lautet: Abfragen der offenen Kalkulationen der Unternehmeraufschläge, um das Know-how und die Seriosität des einzelnen Anbieters zu prüfen. Zusätzlich sollten – unabhängig von ggf. geforderten Angebotspreisen – die berücksichtigten Löhne und Tarifgruppen ausgewiesen werden und ein Angebot über die Stundenverrechnungssätze, sowohl für Tag- und Nacht-, als auch Sonn- und Feiertagsdienste eingeholt werden, um die korrekte Berechnung und Tarifeinhaltung zu verifizieren.

Nach einer Studie der Zeitschrift WIK, dem Sicherheitsenquete 2010/ 2011 an der mehr als 250 Sicherheitsprofis teilnahmen, wurden die Kriterien der Fremdvergabe von Sicherheitsdienstleistungen angesprochen und wie folgt bewertet.

12 Kriterien für die Fremdvergabe von Sicherheitsdienstleistungen

  1. Sprachkenntnisse (deutsch) des Personals
  2. Ausbildung des Dienstleistungspersonals
  3. Berufserfahrung des Dienstleistungspersonals
  4. Firmensitz in Deutschland
  5. Tariftreue bei Honorierung des Personals
  6. Referenzen
  7. Kein Einsatz von Subunternehmern
  8. Preis der Dienstleistung
  9. Monatsarbeitsstunden des Dienstleistungspersonals
  10. Mitgliedschaft in Verbänden für Sicherheit
  11. VdS-Anerkennung
  12. Zertifizierung nach ISO 9000 ff. DIN 77200

Es gibt in Deutschland ca. 3.800 Unternehmen, die Sicherheitsdienstleistungen anbieten. 20 Prozent der Unternehmen sind Mitglieder im Bundesverband und repräsentieren einen Marktanteil von 80 Prozent. Die Anzahl der Beschäftigten hat sich von 1997 bis 2011 auf 178.000 erhöht, was einem Wachstum von 48 Prozent entspricht. Der Markt für Sicherheit ist in den Jahren von 1997 bis 2011 auf 4,82 Mrd. angestiegen, was einem Wachstum von 84,6 Prozent entspricht.

Betrachtet man die Kriterien der Auftragsvergabe wird deutlich, dass die Sicherheitsverantwortlichen der Unternehmen ständig Entscheidungen treffen müssen in einem Umfeld, welches permanent Schwankungen unterliegt und extrem unter Spannung steht.

Die Zukunft des Sicherheitsmarkts
Im Spannungsfeld von „Sicherheit versus Risiken“ sind erhebliche Anpassungen in der Sicherheitsarchitektur aller Beteiligten, seien es öffentliche oder private Organisationen dringend notwendig. Denn die komplexen Organisationsformen und der Aktionsradius im globalen Wettbewerb schaffen Abhängigkeiten, die nicht mehr überschaubar sind und sich daher Existenz bedrohend auf die Unternehmen auswirken können. Spezialisierung, technologischer Fortschritt und Outsourcing sind die Hauptfaktoren auf welchen die zukünftige Entwicklung des Sicherheitsmarktes basiert. Die Anforderungen der Kunden an die Systemlösungsanbieter sind Effizienz und Qualität.

Corporate Security Management ist wesentlicher Teil des Risikomanagements. Es garantiert die ganzheitliche Betrachtung aller Risiken und deren Steuerung und schützt die Organe der Unternehmen vor rechtlicher Inanspruchnahme. Neue Konzepte sind im Bereich der Sicherheit gefordert. Die Diskussion zu einer neuen Sicherheitsarchitektur ist in vollem Gange und dies ist dringend erforderlich um auf die neuen Risiken und Gefahren zu reagieren.

Wirtschaft erwartet höhere Gefährdungen. (WIK Sicherheits-Enquete 2011)

  • 81 Prozent der Sicherheitsexperten gehen davon aus, dass die allgemeine Gefährdung der Wirtschaft durch Sicherheitsrisiken zunimmt.
  • Die Ausgaben für Sicherheit stagnieren und sind real um 8 Prozent geringer als im Vorjahr.
  • Die IT-Gefahren bergen aus Sicht der Experten das höchste Gefährdungspotential.
  • 43 Prozent der Befragten stießen auf Ausspähversuche durch Wettbewerber oder Nachrichtendienste. 75 Prozent der Sicherheitsexperten rechnen mit einem weiteren Anstieg.
  • 31 Prozent der Befragten vertrauen bei Fragen zum Wirtschaftsschutz eher privaten Dienstleistern.
  • 50 Prozent der Gründe für das Auslaufen von Dienstleistungsverträgen liegen in Mängeln der Leistungserbringung.

Legt man diese Informationen zu Grunde ist ein dringender Handlungsbedarf erkennbar. Zahlreiche Initiativen nehmen sich dieser Herausforderung an.

Der Sicherheitsmarkt ist im Wandel. Die Grenzen werden immer fragiler und verschwimmen zwischen Verteidigung, Bevölkerungsschutz, öffentlich/ Priva-ter Sicherheit und dem Privatsektor.

Was sind zukünftig die Aufgaben des Staates und welche Aufgaben werden zukünftig von Privaten übernommen?
Schon längst unterstützt die Wirtschaft Präventionsprojekte zur Bekämpfung der Alltags- und Straßenkriminalität beispielsweise in dem private Sicherheitsdienste im erweiterten Verbund mit der Polizei unterstützende Dienste im öffentlichen Raum leisten.

Der öffentliche Sektor lagert weiterhin kräftig Dienstleistungen aus. Knappe Budgets treffen auf gestiegene Sicherheitserwartung der Bürger.

Die geringe Wertschätzung der Arbeit des Sicherheitspersonals äußert sich in Form von begrenzter gesellschaftlicher Anerkennung gegenüber der erbrachten Arbeitsleistung belastenden Arbeitsbedingungen und einer Unzulänglichkeit der Löhne so die Expertise – Sicherheitsdienste im Wandel in der Metropolregion Berlin.

Der schlanke Staat, mit seinen knappen Mitteln erfordert mehr Eigenverantwortung des Bürgers und der Wirtschaft auch in Sicherheitsfragen.

Uwe Gerstenberg
Uwe Gerstenberg, geboren 1961 in Berlin, schied 1987 als Offizier aus der Bundeswehr aus. Als Militärpolizist war er national und international im Einsatz und in den letzten Jahren seiner Dienstzeit in der Sicherungsgruppe des Bundesministeriums für Verteidigung beschäftigt. Uwe Gerstenberg ist seit nun mehr als 30 Jahren in der privaten Sicherheitswirtschaft in leitender Funktion tätig und war u. a. Sicherheitsverantwortlicher für eine internationale Unternehmensgruppe. Nach dem Wechsel in die Dienstleistungsbranche führte ihn sein beruflicher Werdegang in unterschiedliche Sicherheitsunternehmen als Niederlassungsleiter, Prokurist und Geschäftsführer. Als Mitgründer und Geschäftsführender Gesellschafter leitet er seit 1997 die consulting plus Unternehmensgruppe und ist zudem Geschäftsführer weiterer Tochterunternehmen. 2001 gründete er das damalige Institut für Terrorismusforschung & Sicherheitspolitik, dem heutigen Institut für Krisenprävention, IFTUS. Seit 2003 ist Uwe Gerstenberg u. a. Stiftungs- bzw. Kuratoriumsmitglied im Deutschen Forum für Kriminalprävention und war von 2009 bis 2014 Vizepräsident des Kuratoriums. Ferner ist er Mitglied im Security-Beirat der Messe Essen und im Anwenderrat für Compliance und Integrity. Er vertritt in diversen weiteren Fachverbänden die Interessen der Sicherheitswirtschaft. Uwe Gerstenberg ist Autor zahlreicher Buchbeiträge und Fachartikel.
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