Private Sicherheitsfirmen: Sicherheitspartner statt Söldner

"Ein Präsident, der keiner ist, eine Armee, die es nicht gibt, Verträge, die plötzlich etwas ganz anderes bedeuten als angekündigt. Je länger Kaltegärtner über seinen privaten Krieg plaudert, desto wirrer wird es. Seine Ledermappe spuckt immerzu neue Belege für die Seriosität seiner Aufträge aus. Darunter ein Dokument vom Januar, das Asgaard autorisiere, Waffen und Ausrüstung nach Somalia einzuführen, was gegen UN-Sanktionen und das deutsche Außenwirtschaftsgesetz verstoßen würde. Keinesfalls werden wir gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland handeln, beteuert er dann", schreibt der Tagesspiegel über ASGAARD und seinen Geschäftsführer unter der Überschrift ‚Mad in Germany‘.[7]

Die Tagespresse sah nach Bekanntwerden des ASGAARD-Deals die Grenze zwischen einem Sicherheitsdienstleister und modernem Söldnertum erneut überschritten. Die Genfer Konvention, Artikel 47 Absatz 2 I. Zusatzprotokoll definiert den Söldner völkerrechtlich. Als Söldner gilt,

  • wer im Inland oder Ausland zu dem besonderen Zweck angeworben ist, in einem bewaffneten Konflikt zu kämpfen,
  • wer tatsächlich unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt,
  • wer an Feindseligkeiten vor allem aus Streben nach persönlichem Gewinn teilnimmt und wer von oder im Namen einer am Konflikt beteiligten Partei tatsächlich die Zusage einer materiellen Vergütung erhalten hat,
  • wer weder Staatsangehöriger einer am Konflikt beteiligten Partei ist noch in einem von einer am Konflikt beteiligten Partei kontrollierten Gebiet ansässig ist,
  • wer nicht Angehöriger der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei ist und
  • wer nicht von einem nicht am Konflikt beteiligten Staat in amtlichem Auftrag als Angehöriger seiner Streitkräfte entsandt worden ist.

Im Fall ASGAARD dürfte nur das Kriterium der Anwerbung zum Kampf strittig sein, denn alle weiteren Kriterien treffen zu. Darunter auch eine Teilnahme an Feindseligkeiten, die sich auch bei Personen- und Konvoischutz nicht hätte verhindern lassen.

Krieger gegen Bezahlung, die aus Deutschland kommen, sind nicht selten in den Krisenregionen weltweit; z.B. auf dem Balkan oder in Afghanistan. Mehrere Tausend Deutsche ‚arbeiten‘ inzwischen als Angestellte deutscher oder internationaler Sicherheitsfirmen. Meist handelt es sich um ehemalige Polizisten und GSG9-Beamte oder aus dem Dienst geschiedene Bundeswehrsoldaten. Als ‚Objektschützer‘ oder ‚Military Contractor‘ für private Firmen ist ihr Aufgabenspektrum häufig dubios und undurchsichtig, aber hervorragend bezahlt.[8]

Nach derzeitiger Gesetzeslage ist unklar, ob ASGAARD sich tatsächlich strafbar macht oder ihr Handeln ’nur‘ moralisch verwerflich ist. Nach § 109 StGB ist das "Anwerben für einen fremden Wehrdienst" mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei und fünf Monaten zu ahnden. Es ist aber sehr fraglich, ob Galadid Abdinur Ahmad Darman in Somalia für Deutschland eine "ausländische Macht" darstellt, die für einen fremden Wehrdienst anwirbt. Fraglich ist auch, ob die Vereinbarung mit ASGAARD gegen das für Somalia verhängte Waffenembargo der Vereinten Nationen verstößt.[9]

Dennoch gilt es, sauber zu differenzieren: Private Sicherheits- und Militärfirmen können nicht per se als Söldner bezeichnet werden, denn nur ein kleiner Teil führt militärische Kampfhandlungen aus. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen fungiert als Sicherheitspartner und beschränkt ihr Angebot auf Logistik, Beratung und Ausbildung.[10] Die Branche hat insgesamt eine moderne Unternehmensstruktur und rekrutiert ihre Angestellten professionell. Ihre Kunden reichen von staatlichen Regierungen über die Vereinten Nationen bis hin zu Nichtregierungs-Organisationen oder Privatunternehmen.[11]

4. Lösungsansatz: Geeigneter Rechtsrahmen und strenge Differenzierung

Zunächst ist es wichtig, private militärische Unternehmen, deren Auftrag in der Durchsetzung politischer oder wirtschaftlicher Ziele mit Hilfe militärischer Gewalt besteht (Söldner), rechtlich und politisch strikt abzugrenzen von Unternehmen, die Sicherheitsdienstleistungen anbieten, bei denen Gewalt keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt. Beispiele hierfür sind zahlreiche Dienstleistungen im Objekt- oder Personenschutz oder bei der Ausbildung.

Als Lösungen im ‚Bermuda-Dreieck‘ von moralischen Aspekten, internationaler Politik besonders in Krisengebieten und dem Gewinnstreben privater Sicherheitsfirmen bedarf es dringender denn je eines geeigneten Rechtsrahmens mit Überprüfbarkeit und klaren Einsatzkriterien sowie einer strengen Differenzierung nach Aufgabenschwerpunkten. Während ein Söldnereinsatz in Krisengebieten abzulehnen ist, kann eine Sicherheitspartnerschaft bei humanitären Einsätzen oder bei der Ausbildung lokaler Sicherheitskräfte unter bestimmten bestimmten Umständen durchaus sinnvoll und gewinnbringend für alle Seiten sein.

Der Politik ist das Problem der dubiosen Sicherheitsfirmen bekannt. 2008 verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP einen Antrag an die Bundesregierung, das Wirken nichtstaatlicher militärischen Sicherheitsfirmen stärker zu kontrollieren.[12] Unter anderem werden die Einführung einer Registrierung von privaten militärischen Sicherheitsunternehmen sowie eine Mitteilungspflicht der Vertragsabschlüsse gefordert. Zudem soll die Einführung eines Lizenzierungssystems für militärische Dienstleistungen von Unternehmen beschlossen werden, um eine Kontrolle der ‚Dienstleitungen‘ ausüben zu können. Dies ist zu begrüßen. Darüber hinaus wäre es sinnvoll, dass die Firmen die Verträge mit ihrem Personal offenlegen. Denn nur dort und nicht in Stellungnahmen und Pressemitteilungen wird stehen, was die ‚Military Contractors‘ im Ausland wirklich tun sollen bzw. für was sie bezahlt werden. Dass solche Überprüfungen und Controlling-Instrumente jedoch ein schwieriges und kostenintensives Unterfangen sind, ist angesichts der Komplexität moderner Kriegsführung und der Tatsache, dass private Sicherheitsfirmen oft in Grauzonen operieren, ist offensichtlich.

In jedem Fall muss eine enge Abstimmung mit den politischen Interessen des Entsenderstaates erfolgen; insbesondere dann, wenn private Sicherheitsfirmen von Auftraggebern aus der Krisenregion beauftragt werden. Unkritisch ist hingegen eine Beauftragung durch den Entsenderstaat (z.B. Deutschland) oder eine internationale Organisation (z.B. die Vereinten Nationen oder die Europäische Union). Ein für die Zukunft potentiell bedeutungsvolles Geschäftsfeld für private Sicherheitsunternehmen könnte z.B. die VN-Mandatierung für humanitäre Einsätze in Krisenregionen sein.

Ein weiteres mögliches Betätigungsfeld privater Sicherheitsunternehmen ist der Ausbildungssektor. Ein konkretes Beispiel: Das deutsche Engagement beim Aufbau einer afghanischen Polizei besteht nach Einschätzung vieler Beobachter vor allem aus Ankündigungen.[13] Hunderte von Ausbildern und viele Millionen Hilfsgelder sollten bereitgestellt werden, um afghanische Kräfte zu befähigen, in ihrer Heimat für Frieden, Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Diese Aufgabe war für die internationale Staatengemeinschaft im Polizeisektor bisher scheinbar zu groß.[14] 400 Beamte sollen nach den Planungen derzeit dafür im Einsatz sein. 281 sind es tatsächlich, davon 47 Deutsche.[15] Die deutsche Polizei hat größte Mühe, Beamte zu finden, die vor Ort in Afghanistan ausbilden und Ausbildungsunterstützung leisten. Derartige Aufgaben könnten bei Beauftragung durch deutsche Stellen auch von privaten Sicherheitsfirmen geleistet werden.

Fest steht, dass eine enorme Bandbreite von Aktivitäten privater Sicherheitsfirmen besteht. Innerhalb dieser werden sind in der heutigen Zeit und bei den derzeitigen internationalen Konfliktlagen private Sicherheitspartner benötigt, aber keine Söldner.


[1]     Peter Blechschmidt, Private Krieger – Deutsche Söldner für Somalia, in: Süddeutsche Zeitung online, 25.05.2010, 08:49 Uhr.[2]     Pressemitteilung ASGAARD German Security Group, Sicherheit in Somalia unter deutscher Leitung, 16.12.2009 (Originalwortlaut).[3]     Der erste Satz der ASGAARD-Presseerklärung vom 16.12.2009 lautet: Für Somalia gibt es neue Hoffnung auf Sicherheit und Frieden".[4]     ASGAARD-Presseerklärung vom 16.12.2009.[5]     Lisa Caspari, Gekaufte Krieger, in: ZEIT online, 26. Mai 2010, 06:47 Uhr.[6]     Siehe Olivia Schöller, Mit Asgaard auf "Friedensmission", in: Frankfurter Rundschau, 25.05.2010.[7]     Ulrike Scheffer, Mad in Germany – deutsche Söldner nach Somalia?, in: Tageespiegel, 05.06.2010 13:54 Uhr.[8]     Vgl. Lisa Caspari (2010).[9]     Vgl. Olivia Schöller (2010).[10]    Robert Seidl, Private Sicherheits- und Militärfirmen als Instrumente staatlichen Handelns, Hanns-Seidel-Stiftung, Aktuelle Analysen, Nr. 51, 2008, S. 25.[11]    Vgl. Robert Seidl (2008), S. 25.[12]    Deutscher Bundestag, Nichtstaatliche militärische Sicherheitsunternehmen kontrollieren, Drucksache 16/10846, 16. Wahlperiode, 12. 11. 2008.[13]    Vgl. B. Vorsamer, Afghanistan deutsches Desaster – Nur Doofe wollen zur Polizei; in: Süddeutsche Zeitung Online, 09.12.2009, 14:26 Uhr.[14]    Vgl. B. Vorsamer (2009).[15]    Vgl. B. Vorsamer (2009).

Stefan Bisanz
Stefan Bisanz ist Mitgründer und Geschäftsführender Gesellschafter der consulting plus Unternehmensgruppe. Neben seinen Tätigkeiten bei dem eigens gegründeten Unternehmen, ist Stefan Bisanz auch Geschäftsführer weiterer Tochterunternehmen, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Personenschutz, freier Journalist sowie Herausgeber und Redakteur des Security Explorers.
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