Erfolgreiche Präventionsmaßnahmen zahlen sich für die Katastrophenhilfe aus und ermöglichen so dem Bevölkerungsschutz, dass Naturkatastrophenlagen besser bewältigt werden können. Zugleich vermindert eine optimierte Prävention im Schadensfall den Verlust von Menschenleben und lässt mögliche Sachwertschäden zum Teil deutlich geringer ausfallen. Vorausveranlagte Kosten und der vorsorgliche Personaleinsatz bei Krisenstäben und Einsatzkräften (für Präventionsmaßnahmen) bieten damit die effektivsten Maßnahmen für einen vorausschauenden Bevölkerungsschutz in einem Hochwirtschaftsland wie Deutschland.

Naturkatastrophen haben Deutschland und seine Krisen-/Katastrophen-schutzstäbe auch im abgelaufenen Jahr 2013 nachhaltig gefordert. Zuletzt sorgten die Sturmtiefs „Christian“ (Ende Oktober) und „Xaver“, das letztgenannte Ereignis kombiniert mit einer Sturmflut zwischen dem 5. und 7. Dezember 2013, für große Aufregungen in der Bevölkerung und den Medien. Sie führten vereinzelt zu ernstzunehmenden Schäden, wenn auch im geringeren Ausmaß als zunächst befürchtet.

War dies alles nur ein glücklicher Umstand? Oder hat eine sinnvolle und vorausschauende Katastrophenvorsorge mit bewährten Ausbildungen und Übungen im Bevölkerungsschutz sowie eingespielten Bewältigungsmaßnahmen schlimmeres verhütet?

Lehren aus der Vergangenheit
Analysiert man den Sturm „Xaver“ so fällt auf, dass man in den Stadt- und Kreisverwaltungen, in den zuständigen Polizeidirektionen und Bezirksregierungen sowie auf Landesseite gegenüber dem Sturmtief „Kyrill“ im Jahr 2007 viel an Erfahrung und auch an „Entscheidungsmut“ gelernt hat. Man nutzt den zeitlichen Vorlauf einer Unwetterwarnung mit der Ankündigung der genannten Unwetterlagen und möglichen Auswirkungen auf Regionen, zum Beispiel des Deutschen Wetterdienstes, und nimmt somit im Zuge eines Krisenmanagements die „Vorlaufphase“ bzw. die Prävention sehr ernst.

Im Rahmen der „Prävention“ werden Maßnahmen zur Vorbereitung der Katastrophenschutz-/Krisenstäbe (Verwaltungsstäbe) und von Einsatzleitungen auf mögliche Schadensszenarien eingeleitet in dem zum Beispiel die Kräfte der sogenannten Blaulichtorganisationen (BOS-Organisationen) voralarmiert und in Bereitschaft gehalten werden. Logistikkonzepte, wie beispielsweise das Beschaffen von Absperrgerätschaften und das Befüllen von Sandsäcken, sowie die Anforderung von Transportraumkapazitäten, werden umgesetzt. Man gewinnt so wertvolle Zeit und zugleich ein Plus an Planungssicherheit für den möglichen Schadenseintrittsfall.

Größere öffentliche Wahrnehmung
Sehr intensiv und nachhaltig nahmen sich diesmal die Medien der aufziehenden Naturkatastrophe an. Nach Vorwarnungen durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) brachten die großen Fernsehanstalten und fast alle größeren Online-Medien im Vorfeld von Sturmtief „Xaver“ regelmäßig Sondersendungen. Man zitierte Wetter- und Krisenexperten hinzu und spielte Wetterentwicklungsmodelle ein. Es fehlte nicht an detaillierten Lagemeldungen mit ausgefeilten Wetterinformationen; besonders das Medium „Kartographische Aufbereitung von Lagemeldungen in leicht verständlichen Lagekarten“ und auch graphisch visualisierte Prognosemodelle wurden in einem Maße eingesetzt, wie es bisher noch nie der Fall gewesen war. Manchmal konnte der Zuschauer und Leser den Eindruck bekommen, er selbst wäre Teil einer Krisenlagebesprechung und Mitglied eines Krisenstabes. Im Einzelfall war der Grat zwischen sachlicher Berichterstattung zur Bürgerinformation anstelle von nicht gewollter Panikmache sehr schmal.

Öffentlich wurde schon im Vorfeld des heranziehenden Sturm dessen Gefährlichkeit und mögliche Auswirkungen von Sturmfluten auf die Küstensicherung mit Deichanlagen und Sperrwerken diskutiert. In Niedersachsen und an der Westküste Schleswig-Holsteins ermöglichten Anweisungen von Landesdienststellen, dass an etlichen Schulen ab dem 5. Dezember 2013 der Unterricht für den Folgetag ausgesetzt, der Inselfährbetrieb vorsorglich eingestellt wurde und selbst im weiteren Hinterland gelegene Weihnachtsmärkte, wie in Hamburg, Kiel und Lübeck, während der Sturmlage geschlossen blieben.

Erfolgreiche Prävention an der Küste
Die Konstellation Sturm bzw. Orkan mit Windgeschwindigkeiten von teilweise über 120 Stundenkilometern (und mehr) zeitgleich mit einer Mondkonstellation, die noch auflaufende drei Fluten hin zu einer großen Sturmflut verstärkte, führten für den Bereich Hamburg zu Vergleichen mit der Sturmflutkatastrophe aus dem Jahre 1962 und den Wasserständen der Sturmflut von 1976. Es wurde unter anderem über zu erwartende Pegelstände und die Höhe der Deichkronen beraten und welche Lehren man aus der schweren Sturmflut 1962 gezogen hatte. Seit damals war zum Glück unter hohem Aufwand eine erfolgreiche Prävention betrieben worden in dem man die Deiche ausbaute und erhöhte, sodass diese bis zu einem Wasserstand von 7,30 Metern über Normalnull sicher ausgelegt waren.

Auch in den anderen Küstenregionen hielten die Deiche dem Wasser- und Winddruck stand, wenn auch im Hinterland kleinere Überschwemmungen in tiefer liegenden Gebieten aufgrund von Regenfällen auftraten.

Spürbare Verkehrsstörungen
Im Zuge der Sturmfront kam es teilweise zu gravierenden Einschränkungen im öffentlichen Personennahverkehr. Vereinzelt fielen Baumtrümmer auf Schienenkörper, so dass einige Züge liegen blieben und der Ersatzverkehr mit Bussen durch Stockungen im Straßenverkehr ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurde. Im Unterschied zum Sturm „Kyrill“ (2007) hatten sich diesmal die Deutsche Bahn und andere Bahnbetreiber besser auf den nahenden Sturm vorbereitet und zusätzliches Personal (zum Beispiel sogenannte Baumtrupps zum Räumen von Bäumen und Ästen an und auf Schienenkörpern) für mögliche Störungen bereitgehalten.

Mehr Schäden trotz besserer Prävention
Insgesamt kann man im Zuge des Sturmtiefs „Xaver“ die Präventionsmaßnahmen als sehr gelungen bewerten. Hierbei handelt es sich um keine Einzelbewertung vom Institut FIRMITAS, denn zeitgleich belegt die jüngste Veröffentlichung der Münchener Rückversicherung vom 7. Januar 2014, dass deren Versicherungsfachleute und Schadensforscher zu ähnlichen Ergebnissen kommen. So kommt der Versicherungsexperte Torsten Jeworrek (Vorstandsmitglied von Munich Re) zu folgendem Schluss: „Bei einigen Ereignissen des Jahres 2013 hat sich gezeigt, wie gut Warnungen und schadenmindernde Maßnahmen die Auswirkungen von Naturkatastrophen begrenzen können. Bei den jüngsten Winterstürmen in Europa etwa blieben die Schäden vergleichsweise gering“ (Zitat: Presserklärung der Münchener Rückversicherung vom 7. Januar 2014)

In Sachen Minderung von Unwetterschäden verlief dagegen das Hochwasser 2013 an Elbe und Donau samt Nebenflüssen weniger günstig. Die Münchener Rückversicherung bewertet die Hochwasserflut 2013 als die „teuerste Naturkatastrophe des Jahre gemessen an den gesamtwirtschaftlichen Schäden“ (Zitat: Presseerklärung der Münchener Rückversicherung vom 7. Januar 2014). So lagen die Schäden des Hochwassers für Südost- und Ostdeutschland und den betroffenen angrenzenden Ländern bei einer Gesamtschadenssumme von 11,7 Mrd. Euro, der versicherte Schaden bei 2,3 Mrd. Euro. Peter Höppe als Leiter der GeoRisikoForschung von Munich Re gibt hierzu folgende Bewertung: „Dennoch wurde auch deutlich, dass Hochwasserschutz den gesamten Flusslauf umfassen muss und nicht nur aus Eindeichen bestehen kann. Gewässer brauchen Platz, damit sie bei Hochwasser ausufern können, sodass es bei Schutzvorkehrungen am Oberlauf nicht die Anwohner am Unterlauf umso härter trifft. Hier sind für das ganze Einzugsgebiet eines Flusses umfassende und daher oftmals international koordinierte Anstrengungen nötig.“ (Zitat: Presseerklärung der Münchener Rückversicherung vom 7. Januar 2014)

Daraus lassen sich folgende Lehren für den Bevölkerungsschutz ableiten:

  • In den nächsten Jahren wird vermutlich verstärkt mit Unwetterlagen von Sturmlagen mit Hochwasser- und Windschäden zu rechnen sein.
  • Durch Prävention können die Folgeschäden frühzeitig eingegrenzt und  teilweise auch vom Schadensausmaß und der Schadenshöhen (Summe) gemindert werden
  • Szenarien wie Sturmfluten für die Küstenregionen müssen von den dortigen Katastrophenschutzstäben regelmäßig geübt werden. Die nächste LÜKEX 2015 sieht dies vor und wird sicherlich zu wichtigen Erkenntnissen im Vorfeld der Ausplanung führen. Dabei sollte der kaskadierende Effekt solcher Unwetterlagen mit einem möglichen Zusammenbruch der Strom- und Gasversorgung sowie dem Totalausfall der Telekommunikation mit all seinen denkbaren Auswirkungen auf die „kritischen Infrastrukturen“ vorrangig geübt werden.
  • In allen übrigen Regionen sind Unwetterlagen ebenfalls in das jährliche Übungsrepertoire der zuständigen Stäbe und Einsatzleitungen aufzunehmen.
  • Gefahrenabwehrpläne müssen ständig den aktuellen Gefahrenlagen und Gegebenheiten neu angepasst und somit modifiziert werden.

Bevölkerungsschutz wird auch in den nächsten Jahren zu einem Dauerthema und einer Daueraufgabe werden, für den ausreichend Haushaltsmittel vorsorglich bereitgestellt werden sollten.